Die Union im Plesseland

„Kreisetat 2015: rot-grüne Finanzpolitik verliert jedes Augenmaß!“

Haushaltsrede Harm Adam, stv. Vorsitzender und finanzpolitischer Sprecher der CDU-Fraktion im Göttinger Kreistag am 17.12.2014

Wie war die Ausgangslage zu Beginn unserer Haushaltsberatungen? Nach Maßgabe des von Herrn Landrat Reuter eingebrachten Haushaltsentwurfes rechnete die Kreisverwaltung für 2015 neuerlich mit einem Überschuss im Ergebnishaushalt von gut 7,1 Millionen Euro und schlug unter anderem eine Erhöhung der Zahl der Planstellen um 31 auf 839 vor.
Kreisetat 2015 Landkreis GöttingenKreisetat 2015 Landkreis Göttingen
Gemeinsam konnten und können wir konstatieren: „Die Finanzen des Landkreises sind geordnet; unabhängig von der zwischenzeitlich geflossenen Entschuldungshilfe können sie getrost als ausgezeichnet beschrieben werden. Schon im laufenden Haushaltsjahr sorgt ein von knapp 4 Milli-onen Euro auf 13,8 Millionen Euro verbessertes Ergebnis für eine hervorragende Finanzausstattung, so dass zum einen keinerlei Liquiditätskredite mehr in Anspruch genommen werden müssen und zum anderen die Verschuldung im investiven Bereich um gut 44 Millionen Euro auf gut 53 Millionen Euro sinkt.

Positiv ist auch nach Auffassung unserer Gruppe die Steige-rung des Gesamtinvestitionsvolumens von gut 11 Millionen Eu-ro auf knapp 20 Millionen Euro. Als kommunalfreundlich würdigten wir einen Ansatz von 2,8 Millionen Euro für den Ausbau der Breitbandversorgung im Landkreis, ohne dass eine Kofinanzierung seitens der Gemeinden erwartet wird. Im Aus-gangspunkt setzt ein Investitionsvolumen im Bereich der Breit-bandversorgung von 17,8 Millionen Euro für die nächsten 4 Ka-lenderjahre einen richtigen Schwerpunkt. Wir kritisierten, dass ein Investitionsprogramm von 2 Millionen Euro für „finanzschwache Kommunen“ ohne jedes Programmziel angekündigt wird. Zwischenzeitlich bekamen wir als Signal aus der Kreisverwaltung und der Mehrheitsgruppe zu hören, an dem Pro-grammziel der Unterstützung finanzschwacher Kommunen werde nicht weiter festgehalten, stattdessen solle ein Programm zur Förderung der energetischen Sanierung eingesetzt werden. Wir kritisierten, dass gerade im Bereich der energeti-schen Sanierung die Kommunen schon mit Mitteln des erst wenige Jahre zurückliegenden Konjunkturprogramms II viel er-reicht und den vordringlichen Investitionsbedarf befriedigt hatten. Mit unserer Kritik sollte nicht etwa der Fortfall dieses In-vestitionsprogrammes, sondern eine gleichmäßige Beteiligung aller Kommunen ohne bürokratischen Aufwand erreicht werden.

Zusammengefasst: wir boten die Zustimmung des Haus-haltes vorbehaltlich der Erfüllung von lediglich zwei Kernforderungen an (Lob an die Presse für die Berichterstattung!).

Wir forderten: Senkung der Kreisumlage um 1,5 Prozent-punkte und eine Begrenzung des Stellenzuwachses um die Stellen, die den Stellenaufbau im Bereich Schule sowie Jugend und Soziales betreffen, wobei wir diesbezüglich auch eine Aufstockung einer Schirmmeisterstelle in Potzwenden um 0,5 Stel-lenanteile mit einbezogen.

Unser Vorschlag lief in Anbetracht der Zahlen des Haushalts-entwurfes darauf hinaus, dass unter Berücksichtigung einer Begrenzung des Stellenzuwachses die erwarteten Überschüsse um 50 % reduziert werden sollten. Unser Vorschlag stand und steht in keinem Widerspruch zum Zukunftsvertrag. Wir wollten damit auch eine bessere Finanzausstattung der Stadt Göttingen erreichen, unabhängig davon, dass diese im Rahmen der Finanzvereinbarung nach Aussagen des Gesetzge-bungsdienstes des Landtages in Teilen schon bessergestellt wurde als die kreisfreien Städte.

Wo stehen wir heute? Jedenfalls wurde nicht auf unsere Forderungen eingegangen. Rot-Grün verliert in der Finanzpolitik jedes Augenmaß! Folgendes:

1. Dem Stellenplan müssen wir unsere Zustimmung versagen. Nach Maßgabe des Haushaltsentwurfes war ein Stellenaufbau um 31 auf 839 Stellen beabsichtigt. Nun ergibt die Übersicht über die Stellenentwicklung beim Landkreis Göttingen gem. Stellenplanentwurf 864,5 Stellen. Das ist ein Zuwachs von 56,6 Vollzeitäquivalenten. Das ist schlicht zu viel. Wir wissen zu würdigen, dass es im Bereich der Schulen sowie ständig wachsender Aufgaben im Bereich der Jugendhilfe und beispielsweise der Flüchtlingsarbeit dringenden Bedarf gab, Stellen aufzubauen, wobei wir in Teilen nunmehr statt befristeter Honorarverträge echte Anstellungen vornehmen. Wir wissen, dass im Bereich SGB II, d.h. der Grundsicherung für uns kostenneutral 5 Stellen aufgebaut wer-den. Nur: Auch dann verbleiben 52 zusätzliche Stellen. Als Fu-sionsrendite wurde mit dem Land Niedersachsen ein Abbau von 4 % der Stellen zum Zeitpunkt der Kreisfusion, die wir für 2016 erwarten, vereinbart. Ein derartiger Stellenaufbau von 6,5 % weckt bei jedem Beobachter der Kommunalpolitik in Südniedersachsen den Eindruck, hier werde ein Stellenzuwachs etatisiert, um zu verschleiern, dass die angekündigte Fusions-rendite nicht kommt. Wir müssen wirklich ernsthaft daran gehen, über Umschichtungen beim Personal diesen Haushalts-posten nicht immer größere Anteile unseres Gesamthaushaltes einnehmen zu lassen. Andernfalls lassen uns eines Tages schon die Versorgungslasten ersticken. Wir brauchen Geld für Investitionen!

2. Das Subsidiaritätsprinzip ist zentrales Element des ordnungspolitischen Konzepts der sozialen Marktwirt-schaft, aber auch bewährte Praxis für föderale Staaten wie die Bundesrepublik Deutschland. Demnach sollten Aufgaben, Handlungen und Problemlösungen soweit wie möglich selbstbestimmt und eigenverantwortlich unternommen werden, also wenn möglich vom Einzelnen, vom Privaten, von der kleinsten Gruppe oder der untersten Ebene einer Organisationsform. Rot-Grün setzt sich über diese Prinzipien hinweg. Beim Landesraumordnungsprogramm und auch beim regiona-len Raumordnungsprogramm für diesen Landkreis starteten Sie - nun vereitelte - Angriffe auf die kommunale Selbstverwaltung. Aber auch die Ablehnung einer von uns beantragten mo-deraten Absenkung der Kreisumlage entspricht diesem Denken, wonach die höhere Ebene eben doch immer alles besser weiß als die Selbstverwaltung in den Städten und Gemeinden des Kreises. Ich räume ein, dass der Ergebnishaushalt nun nur mit einem Überschuss von 3,7 Millionen Euro abschließen soll. Lassen Sie mich dennoch einen Ausblick dahingehend wagen, dass ich am Ende einen Rechnungsabschluss erwarte, der mindestens den ursprünglich etatisierten Überschuss von gut 7 Millionen Euro aufweist. Das ist konservativ angenommen.

Immerhin haben Sie sich im Bereich des vollmundig angekün-digten Investitionsprogramms zur Stützung der finanz-schwächsten Kommunen in unserem Landkreis bewegt. Sie wollen an die Gemeinden Investitionszuschüsse auszahlen, die – der grüne Koalitionspartner hat sich offensichtlich durchgesetzt – nur außerhalb des Straßenbaus investiv eingesetzt werden müssen. Hier erwarte ich Jubelarien der Hauptverwal-tungsbeamten. Nur: Diese Denkweise entspricht eher dem Verhalten eines Feudalherrn, der am Ende seine Lehnsleu-te mit Wohltaten aus deren eigenen Abgaben beglückt. Dem Landkreis gebührt unserer Überzeugung nur das, was er zur Erfüllung seiner eigenen Aufgaben benötigt. Bei einem Punktsatz von 50 bzw. 32,1 Prozentpunkten der Schlüsselzuweisungen des Landes haben Sie mehr Geld zur Verfügung, als wie es auch die zweifellos vorhandene Ausgleichsfunktion des Landkreises erfordert.

3. Mit Bedauern stelle ich fest, dass ungeachtet der begrüßenswerten Ausweitung der Investitionen nicht all das getan wird, was tatsächlich nötig ist. Eindrucksvoll hat die DLRG Adelebsen in ihrer Eingabe an unsere Parteien und Fraktionen verdeutlicht, wie nötig eine Sanierung der Schwimmhalle in Adelebsen ist. Zur Ausbildung von Nicht-schwimmern muss der Hubboden repariert werden. Wir haben einen Deckungsvorschlag durch die Streichung des in Hann. Münden höchstgradig unpopulären Kreisverkehrsplatzes Vogelsang unterbreitet. Wollen Sie das Schulgelände in Adeleb-sen nach Einstellung der Schule einfach verfallen lassen? Ich befürchte dies.

4. Unser Landrat und der Göttinger Oberbürgermeister beju-beln das Südniedersachsenprogramm der Landesregierung. Ich bezeichne dies Programm als Wählertäuschung und dreiste Mogelpackung. Ein eigenständiges EU-Programm für die Region Südniedersachsen wird es nicht geben. Statt der ver-sprochenen zusätzlichen 100 Millionen Euro für die Förderperiode sollen die Kommunen 50 Millionen Euro bekommen, die auch größtenteils mit eigenen Mitteln gegenfinanziert werden müssen. Deutlicher kann man die Menschen vor Ort nicht täu-schen.

Bitte führen Sie sich vor Augen: Allein durch den Zukunftsver-trag sind mehr als 400 Millionen Euro nach Südniedersachsen geflossen. Da verliere ich jedes Verständnis für parteipolitisch motivierte Ergebenheitserklärungen. Zwischenzeitlich hat der Ministerpräsident eingeräumt, dass die von uns als Mittel-standsförderung segensreich eingesetzten Regionalisierten Teilbudgets in der neuen Förderperiode hätten ausgeweitet werden können. Die EU-Kommission hat dies klargestellt. Stattdessen werden neue Strukturen geschaffen. - Nichts gegen deren Mitarbeiter. Aber diese Behörden brauchen wir nicht. Dann hätten wir auch keine planerischen Zielkonflikte wie zum Beispiel im Bereich des Breitbandausbaus. Hier wird nach dem Willen unseres Landrates ein eigenes Investitions-programm des Kreises aufgelegt. Wie dies allerdings mit dem Amt für regionale Landesentwicklung abgestimmt wird, wissen wir bis heute nicht. Im Südniedersachsenprogramm wird zum Ausdruck gebracht, dass von Seiten des Projektbüros die „Koordination des Breitbandausbaus für die Region Südnieder-sachsen“ erfolgt. Lesen Sie sich die Seite 6 des Südnieder-sachsenprogramms genau durch. Abgestimmtes Vorgehen ist gut und richtig. Lassen wir uns im Rahmen unseres Programms die EU-Förderung nicht entgehen. Wohl oder übel soll-ten wir in diesem Bereich die Abstimmung mit der ungeliebten neuen Zwischeninstanz suchen, um maximale Effekte zu errei-chen.

5. Mit großem Bedauern stellen wir fest, dass die Rot-Grüne-Klientelpolitik, die sich beispielhaft in überhöhten Zuschüssen für die externe Beratungsstelle bei der BIGS für Bezieher von Leistungen der Grundsicherung mit 80.000,00 Euro statt der von uns beantragten 60.000,00 Euro äußert, nicht davor zurückschreckt, segensreiche Projekte wie das der Göttinger Werkstätten für deren Beratungsstelle für Menschen mit Be-hinderung und deren Angehörige zu gefährden. Hier sind wir uns mit der Kreistagsfraktion der Linken einig, dass ein Zu-schuss von 10.000,00 Euro, der das Fortbestehen der Einrich-tung bei dann gewährleisteter 50 %-iger Finanzierung durch die Aktion Mensch hilfreich und angemessen wäre. Im Gegen-satz zu anderen Einrichtungen haben die Göttinger Werkstät-ten ihren Zuschussantrag bereits im August sehr gut begründet und uns auch nach der Ablehnung der Förderung im Sozial- und Gesundheitsausschuss noch einmal die Förderungswürdigkeit dokumentiert. Wenn hier als Ihr Argument die Kap-pungsgrenze gemäß Zukunftsvertrag für freiwillige Leistungen angeführt wird, dann hätten wir hier ohne Weiteres wegen der vorhandenen Rücklagen aus den Vorjahren eine weitere Kürzung der Mittel des Integrationsbeauftragten vornehmen kön-nen.

Mein Fazit: Während die kreisangehörigen Gemeinden ausnahmslos noch immer Defizite ausweisen, meint unser Landrat gemeinsam mit seiner ihn tragenden Mehrheit, „in guten Zeiten Geld zurücklegen“ zu können (Klammer auf: zum Ausgleich der zu übernehmenden strukturellen Defizite des Landkreises Osterode, Klammer zu). Das ist der fal-sche Weg! Wir lehnen den Haushalt nebst Stellenplan ab.

gez. Harm Adam