- es gilt das gesprochene Wort –
Sehr geehrter Herr Ratsvorsitzender Riethig, verehrter Herr Bürgermeister Brandes, liebe Amtsleitungen, geschätzte Ratskolleginnen und -kollegen, meine Damen und Herren,
Harm Adam Haushaltsrede Flecken Bovenden 2019 2020 Gemeinderat „Wir bewahren uns in Bovenden Maß und Mitte“ – unter dieses Motto möchte ich meine Ausführungen zum Haushalt 2020 stellen, nachdem wir in der Bovender Kommunalpolitik ein durchaus „bewegtes“ Jahr hinter uns gebracht haben. Die alte Mehrheitsgruppe ist an den populistischen Anwandlungen von FDP und Freien Wählern zerbrochen. Das neue Bovender Bündnis wird sicherstellen, dass unsere Gemeinde weiter eine gute Entwicklung nimmt und sich unser Bürgermeister auf eine konstruktive Ratsmehrheit verlassen kann. Um uns herum werden wir dafür beneidet, wie wir Bovenden gegenüber der Stadt Göttingen, dem Landkreis und allen anderen Kommunen in der Region präsentieren. Meine Hoffnung ist, dass wir ungeachtet aller zu erwartenden künstlichen Aufgeregtheiten im Vorfeld der Kommunalwahl 2021 diesen Weg am Ende gemeinsam weitergehen!
Nach diesen Vorbemerkungen möchte ich einige Fragestellungen abarbeiten, die finanzpolitisch über den 2020er-Haushalt unserer Gemeinde, der nun doch im Ergebnishaushalt ein positives Bild gibt, hinausweisen:
1. Fragestellung - das Elend der seit vielen Jahren zu hohen Kreisumlage Am 25. November wurde den Städten und Gemeinden in Niedersachsen zur Bemessung ihrer Schlüsselzuweisungen ein nochmals gegenüber den Zahlen des Frühjahrs gesteigerter Einwohnergrundbetrag von 1.157,33 € mitgeteilt. Niedersachsens Finanzminister Reinhold Hilgers hat sein Ministerium offenbar gut im Griff und zeigt sich kommunalfreundlich! Nun konnte auch unser Landrat nicht anders. Seit 2012 habe ich für meine Kreistagsfraktion mantramäßig die Senkung der Kreisumlage gefordert. Mein Kommentar jetzt: „Und er bewegt sich doch!“ - Allerdings können der Landrat und die seine Mehrheit tragenden Fraktionen nun wirklich nicht anders. Der Druck aus den Städten und Gemeinden, der über den Sommer hin entfaltet wurde, unter anderem mit unserer Resolution in der Ratssitzung vom September, der sich leider gerade auch die FDP und die Freien Wähler verweigerten, hat sich als richtig erwiesen. Mit Blick auf die zusätzlichen 6,7 Millionen prognostizierter Kreisumlage wird vom Landrat vorgeschlagen, den Hebesatz auf die Schlüsselzuweisungen von 50 auf 45 Punkte zu senken. Am Ende sollen 3,7 Millionen € den Kommunen verbleiben. Da der Hebesatz auf die Steuerkraft unangetastet bleibt, wirkt sich die Entlastung in den Kommunen schwächer aus, deren Steuerkraft über dem Durchschnitt liegt. Neben Göttingen und Hann. Münden zählt auch Bovenden dazu! Das ist kritikwürdig, weil sich der Landrat und seine Mehrheitsgruppe hier als Umverteiler gerieren. Ärgerlich ist aus meiner Sicht der Umstand, dass die Senkung der Kreisumlage nur für das Haushaltsjahr 2020 vorgeschlagen wird, nicht aber für 2021, obgleich jedoch in der Kreistagssitzung vom 28. Januar 2020 einen Doppelhaushalt beschließen sollen. Meines Erachtens bestehen die Spielräume für eine Verstetigung jedweder Senkung der Kreisumlage, auch über den bislang beschriebenen Umfang hinaus, mindestens auch für 2021. Schon vor den neuen verbesserten Zahlen von Ende November hat ein Prozentpunkt des Hebesatzes der Kreisumlage auf beide Bemessungsgrundlagen insgesamt gut 4 Millionen € ausgemacht. Zwei Prozentpunkte ließen dem Landkreis immer noch deutliche Gestaltungsspielräume.
Im Haushaltsentwurf wurde noch ein Investitionszuschussprogramm vorgeschlagen. Dahinter kann der Landrat nicht zurück. Ursprünglich wurde es damit begründet, dass gerade den Kommunen mit vielen Grundschulkindern Investitionszuschüsse für Investitionen in die Grundschulen zugebilligt werden sollten. Hier war der Druck der Kommunen allzu deutlich. Jetzt sollen auch die Kindertagesstätten in die Zuschussfähigkeit mit einbezogen werden. Da beispielsweise die Gemeinde Staufenberg in den letzten Jahren immense Anstrengungen unternommen hat, um ihre Grundschulen und Kindertagesstätten zu sanieren, nun endlich kein weiterer Investitionsbedarf besteht, könnte ausgerechnet diese strukturschwache Kommune bei den Investitionszuschüssen außen vor bleiben. Hier muss im Kreishaushalt nachgebessert werden. Jedwede Investitionen sollte mit den vom Landrat vorgeschlagenen Zuschuss belegt werden können. Das ist das mindeste!
2. Fragestellung - wie geht es weiter mit den Straßenausbaubeiträgen? Die Abschaffung der Straßenausbaubeiträge ist ein Ziel des Bovender Bündnisses. Das veranlasst uns aber nicht zu hektischen und populistischen Kurzschlusshandlungen. Lange Zeit stand die Zukunft der Grundsteuer auf der Kippe. Nun ist der Kompromiss zwischen Bund und Ländern unter Dach und Fach. Wir werden im kommenden Jahr zügig in die Prüfung einsteigen, welche Maßnahmen zur Unterhaltung und Instandsetzung unserer Straßen in den kommenden Jahren Priorität genießen. Sollten wir nicht in der Lage sein, auf Mehreinnahmen aus Steuermitteln dauerhaft zu verzichten, wäre eine moderate Anhebung der Grundsteuer aus Sicht der CDU Gemeinderatsfraktion kein Tabu. Lieber wäre es uns natürlich, selbst für diejenigen Maßnahmen, bei denen wir grundsätzlich Straßenausbaubeiträge erheben könnten, auf Steuererhöhungen zu verzichten. Das haben wir mehrfach erklärt. Wenn nun die FDP bei jeder sich bietenden Gelegenheit versucht, sich zusammen mit den Freien Wählern als alleinige Fürsprecher der Abschaffung der „Strabs“ aufzuspielen, ist das nachvollziehbar, gleichwohl aber ärgerlich. Dabei bewundere ich den Langmut unserer Verwaltungsspitze. Denn der während der Beratung von Anträgen zum Haushalt schon wieder gestellte Antrag auf Abschaffung der Straßenausbaubeiträge ist schlicht unzulässig gewesen. Das fügt sich ein. Denn zuvor war ein juristisch unhaltbarer Antrag auf Bildung einer Rücklage für zukünftige Straßen Unterhaltungsmaßnahmen gestellt worden. Solcher juristischer Unfug zeigt mir im Ergebnis nur, dass es den beiden betroffenen Parteien bzw. Wählergruppen nur um PR geht.
Ich bin optimistisch, dass sich die Bovender Öffentlichkeit von solchen Manövern nicht in die Irre führen lässt, zumal wir die Aufwendungen für die Straßenunterhaltung 2020 um mehr als 100.000€ auf gut 350.000€ steigern!
3. Fragestellung - wie ernst nimmt die Bovender Kommunalpolitik ihre Bürgerinnen und Bürger? Der Umgangston bei politischen und gesellschaftlichen Debatten in unserer Gesellschaft wird zunehmend rauer! Die meisten von uns bedauern das. Oftmals macht mich nun das Argument fehlender Transparenz auch der Kommunalpolitik sehr betroffen, nachdem wir uns in der Vergangenheit etwa bei der Debatte um die Ausweisung von Flächen für die Nutzung der Windkraft und die Errichtung eines neuen interkommunalen Gewerbegebietes AREA 3 Ost frühzeitig durch Informationsveranstaltungen und bzw. oder Veröffentlichungen über die Beratungen der Ratsgremien in den regionalen Medien, beispielsweise in unserer monatlichen Informationsschrift Bovenden aktuell, um Transparenz bemüht haben. Selbst grundsätzlich an der Kommunalpolitik interessierte Bürgerinnen und Bürger scheinen aber oftmals alle diese Medien nicht mehr in Anspruch zu nehmen. Nach mehr als 40 Jahren zahlloser Änderungen, die uns bisweilen das große Ganze aus den Augen verlieren ließen, befinden wir uns mitten in einem Prozess zur Aufstellung eines neuen Flächennutzungsplans. Insgesamt fünf Veranstaltungen wurden angeboten. Einige Bürgerinnen und Bürger haben ihre Anregungen und Vorbehalte einigen Erwägungen zur Entwicklung unserer Gemeinde vorgebracht. Kurz: als CDU Fraktion hätten wir uns insgesamt eine bessere Beteiligung gewünscht. Wir Kommunalpolitiker sind in den weiteren Beratungen ohne weiteres eingebunden. Im kommenden Jahr sollten wir uns im Gemeinderat Gedanken machen, wie wir besser über die anstehenden Themen im Rahmen unserer Beratungen informieren. Im Vergleich zu anderen Kommunen sind wir vorbildlich und arbeiten auch erfolgreich, was die Abonnentenzahl unseres Informationsdienstes einstmals über WhatsApp und nun über Notify dokumentiert. Nur wer lieb gewonnene Entscheidungsprozesse und Vorgehensweisen regelmäßig kritisch überprüft, wird in unserer Gesellschaft dauerhaft erfolgreich sein!
4. Fragestellung – wie wohnt es sich in Bovenden? In Bovenden lebt und wohnt es sich hervorragend. Wir verbinden die Vorteile der Nähe zum gut erreichbaren Oberzentrum Göttingen mit überschaubaren, teilweise dörflichen Strukturen und einer Lage in schöner Landschaft mit hohem Naherholungswert. Bovenden ist damit ein beliebter und attraktiver Lebensort für Menschen aller Altersstufen. Mit knapp 14.000 Einwohnern verzeichnen wir eine Bevölkerungszahl, die wir bislang noch nie erreicht haben. Grundsätzlich sind neue Wohnformen und ein starkes Versorgungszentrum wesentliche Faktoren für die sehr hohe Wohnzufriedenheit von älteren und alten Menschen ebenso wie von Familien und Singles. Das haben wir vor Augen. Defizite haben wir in den zurückliegenden Jahren darin erkannt, dass das Mietniveau ständig stieg und günstiger Wohnraum für einkommensschwache Familien nicht in ausreichendem Umfang zur Verfügung steht. Mit unserer Beteiligung an der Kreiswohnbau Göttingen/Osterode leisten wir einen substantiellen Beitrag zur Stärkung deren Eigenkapital, was die Gesellschaft in die Lage versetzen wird, bei uns im Flecken Bovenden weitere Vorhaben zu projektieren, um günstigen Wohnraum zu schaffen. Aus meiner bislang erst kurzfristigen Erfahrung als Aufsichtsrat der Kreiswohnbau weiß ich, wie sehr die Geschäftsführung und der Aufsichtsrat Bovenden Rat und Verwaltung bei der Realisierung neuer Vorhaben schätzt! Natürlich gilt unverändert der Vorrang der Innen- vor der Außenerschließung. Gerade zu diesem Thema wünsche ich mir allerdings auch Anregungen unserer Planer, um den unabweisbar anstehenden Flächenverbrauch umweltverträglich auszugestalten.
5. Fragestellung – wo liegen die weiteren Highlights unseres Haushalts 2020? Liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Damen und Herren: Bovenden ist eine familienfreundliche Gemeinde. Wo Handlungsbedarf besteht, werden wir tätig. Allein die Kosten für die Kinderbetreuung sind im Haushaltsjahr 2020 mit gut 3,2 Millionen € netto zu beziffern. 2016 wandten wir für die Kitas an Betriebskostenzuschüssen lediglich 2,3 Millionen € auf und lagen damals schon an der südniedersächsischen Spitze! Bürgermeister Thomas Brandes hat in seiner Haushaltseinbringungsrede angemerkt, dass bei diesen Zahlen schon die seit 2018 gezahlten Zuschüsse des Landkreises mit in die Saldierung einbezogen worden sind. Trotz Gebührenfreiheit des Kindergartens und der nicht vollständigen Kostenübernahme seitens des Landes leisten wir uns den familienfreundlichen Akzent, auf die Gebühren, die wir grundsätzlich für die Betreuung außerhalb der Kernzeiten rechnen könnten, zu verzichten. Gut so!
Erhebliche Investitionen stehen in unseren Kindertagesstätten an. Die neue Kindertagesstätte in Eddigehausen ist nur ein herausragendes Beispiel. Wir investieren in unsere Sportstätten und Schulgebäude. Ich nenne nur die Sporthalle in Harste. Bei der Dorfentwicklung Billingshausen und dem Städtebauförderungsprogramm für das Bovender Altdorf nähern wir uns dem Abschluss. Optimistisch bin ich, dass wir mit der Alten Schule in Bovenden einen neuen Treffpunkt für verschiedenste zivilgesellschaftliche Aktivitäten etablieren werden. Mir ist dabei wichtig, auch die Kulturfreunde mit ihrem tollen Angebot weiter angemessen zu berücksichtigen. Ich räume ein, dass es hier richtig war, zunächst auf ein tragfähiges Konzept für die Bewirtschaftung der Alten Schule hinzuwirken, bevor wir Investitionen in das Gebäude - mit Zuschüssen aus der Städtebauförderung – veranlassen.
Fazit: In Bovenden lebt es sich hervorragend. Nachdem der Landkreis uns finanzpolitisch entgegenkommen will, verzeichnen wir in unserem Ergebnis Haushalt einen geringen Überschuss. Die investive Verschuldung würde uns in Zeiten höherer Kreditzinsen immens belasten. Aufgrund unseres Grundsatzes, jede Investition möglichst bis zum Abschluss der Tilgung auszufinanzieren, sind die neuen Schulden vertretbar. Wir schaffen neue Vermögenswerte und erhalten unsere kommunale Infrastruktur. Die Doppik zeigt, dass wir unser Eigenkapital erhalten. Das ist der Beitrag unserer Kommunalpolitik. Stolz bin ich aber auch auf unsere Zivilgesellschaft. In den Ortschaften erhalten Trägervereine die Dorfgemeinschaftshäuser. Die Kulturfreunde und andere ähnlich ausgerichtete Vereine beleben mit Ausstellungen und Konzerten das Veranstaltungsangebot. In unseren Kirchengemeinden herrscht keine Resignation, auch wenn die Herausforderungen wie zum Beispiel für die Evangelischen Kirchengemeinde Bovenden, das Kirchengebäude und insbesondere den Kirchturm mit einem Millionenaufwand zu erhalten bzw. zu sanieren, exorbitant sind. 4000 Besucher beim Adventsmarkt vom vergangenen Wochenende sind der verdiente Lohn für eine Vielfalt ehrenamtlicher Angebote.
Schluß: Lassen Sie mich in guter Tradition an dieser Stelle mit einem Dank an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in unserer Verwaltung, der Verwaltungsspitze, unserem Kämmerer und seinem Team sowie den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern unserer Gemeindewerke enden. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!