Die Union im Plesseland

Haushaltsrede zum Etat 2017

des Gruppensprechers und CDU-Fraktionsvorsitzenden Harm Adam in der Sitzung des Gemeinderats Bovenden vom 02.12.2016

- es gilt das gesprochene Wort -



Sehr geehrter Herr Ratsvorsitzender Riethig, verehrter Herr Bürgermeister Brandes, liebe Amtsleitungen, geschätzte Ratskolleginnen und -kollegen, meine Damen und Herren,

die Gruppe stimmt dem Haushalt zu. Namens der CDU-Fraktion und der Gruppe (CDU, FWG, Bündnis´90/DIE GRÜNEN und FDP) danke ich allen Beteiligten für zügige und konstruktive Haushaltsberatungen. Froh und dankbar können wir konstatieren, abermals auf ein Haushaltssicherungskonzept deshalb verzichten zu können, weil der Ergebnishaushalt ausgeglichen ist und sogar einen geringen Überschuss ausweist.
Harm Adam im Gemeinderat BovendenHarm Adam im Gemeinderat Bovenden
Die Beratungen wären nicht so reibungslos über die Bühne gegangen, hätte nicht die veränderte Stichtagsregelung im Finanzausgleichsgesetz uns im Saldo 50 zusätzliche Einwohner bei der Ermittlung der Schlüsselzuweisungen gebracht, wobei es natürlich schmerzt, wenn wir von den gestiegenen Schlüsselzuweisungen abermals 50 Punkte an den Landkreis Göttingen abführen und so dafür sorgen, dass die Kreisumlage mit 6.123.500,00 € allein aus Bovenden ein Rekordniveau erreicht.

Wir haben bereits in der konstituierenden Ratssitzung unsere jeweiligen politischen Ziele für die Wahlperiode beschrieben. In diesem Zusammenhang sehe ich keine Veranlassung, die breite Palette der Herausforderungen für die kommenden Jahre und Jahrzehnte mit Blick auf unseren Haushalt vollständig zu beschreiben. Meine Anmerkungen sind daher eher punktueller Natur:

Das Bevölkerungswachstum in unserer Gemeinde wird überschätzt. In den konstituierenden Sitzungen der Ortsräte konnte die Verwaltung mit dem Stichtag 31.10.2016 ein Bevölkerungswachstum von immerhin 98 Personen auf insgesamt 14.494 Einwohner berichten. Die Zahl der Hauptwohnsitze hat sich aber nur um 70 Personen auf 13.794 erhöht, an Nebenwohnsitzen verzeichnen wir nun 700 Einwohner. Wenn ich Ortsfremden, insbesondere, regionalen Kommunalpolitkern berichte, dass wir im Ortsteil Bovenden im Jahresvergleich sogar 13 Personen mit Erstwohnsitz weniger zu verzeichnen haben (6709 statt 6722), stoße ich auf ungläubiges Staunen. Wir müssen erkennen, dass eine rege Bautätigkeit nicht zwangsläufig mit wachsenden Einwohnerzahlen korrespondiert. Reyershausen etwa ist zuletzt im Jahresvergleich um 35 Personen mit Erstwohnsitz gewachsen, obgleich wir uns schon - mit Blick auf die Nachfrage aus dem Ort selbst - seit Jahren vergeblich um ein neues Baugebiet bemühen. Harste wiederum - 20 Personen mehr mit Erstwohnsitz - profitiert zweifellos von seinem moderat wachsenden Neubaugebiet. Folglich ist es wichtig, sich – bei Fortsetzung der Bebauung bereits seit langem überplanter Flächen - stets zu vergewissern, ob nicht doch eine Innen- mit Vorrang vor der Außenerschließung möglich ist. Andernfalls fallen uns die Kosten einer übermäßigen flächenbezogenen Expansion unserer Ortsteile über kurz oder lang auf die Füße. Mithin bleibt die demografische Entwicklung und angemessene Reaktionen hierauf ein Dauerbrenner: mit Blick gerade auf die Seniorinnen und Senioren, aber auch auf nicht motorisierte Familien, kann u.U. ein Bürgerbus den ÖPNV mit Bahn, Bussen, Anruflinien und -sammeltaxis ergänzen. Auf die Ergebnisse eines nun auf den Weg gebrachten Gutachtens sind wir gespannt.

Den Ergebnishaushalt können wir mit einem kleinen Überschuss bei einem Gesamtbetrag von 19.344.300,00 € prognostizieren und in der Haushaltssatzung festsetzen. Der Finanzierungssaldo von 3.260.300,00 € ist dem gegenüber hoch und dokumentiert, welche großen Aufgaben vor uns liegen, zumal schon jetzt feststeht, dass die Investitionstätigkeit aufgrund unseres Erachtens unabweisbarer Vorhaben in den kommenden Jahren weiterhin hoch bleibt.

Wenn wir einzelne Vorhaben wie etwa den Brandschutz für die Glückauf-Halle in Reyershausen, den wir nur deshalb so hochwertig ausstatten müssen, weil es in den 70er Jahren versäumt wurde, für den Anbau eine Baugenehmigung einzuholen, mit einem Investitionsvolumen von 166.000,00 € schieben und eine Verpflichtungsermächtigung für 2018 einräumen, ist das ein gutes Beispiel für den im Raum stehenden Investitionsstau.

Ich benenne ferner die immens gestiegenen Kosten für die laufende Sanierung der Adolf-Kirschke-Halle in Eddigehausen: diese Maßnahme wird im ersten Bauabschnitt über Haushaltsreste aus 2016 abgewickelt und der zweite Bauabschnitt soll nun 2018 in Angriff genommen werden. Kurzfristig müssen wir aber auch dieses Vorhaben, zumal in diesen Zeiten einer für die mittlere Perspektive nunmehr unsicheren Niedrigzinsphase kurzfristig umsetzen.

Zudem: Im Schulausschuss konnten wir anhand von durch Ortsbürgermeister Hungerland am selben Tag gefertigten Photos verdeutlichen, dass es gravierende Mängel am Dach der Alten Schule am Thie im Bovender Altdorf gibt. Wir wissen bereits seit längerem, dass unter Berücksichtigung des von dem Architekten Sittig entwickelten Nutzungskonzeptes und der zugrundeliegenden Bestandsaufnahme mit Dachsanierungskosten von mittlerweile 115- bis 120.000 € zu rechnen ist. Die Ziegel sind mürbe. Wenn wir uns einverstanden erklärt haben, diese Investition zu schieben, um unter anderem auch einen Kostenvergleich zwischen den unzweifelhaft anstehenden Reparaturen und einer Investition in eine vollständige Dachsanierung zu ermöglichen, steht dies Vorhaben doch weiterhin auf unserer Prioritätenliste ganz oben, zumal 50% der eben bezifferten Kosten über den Stadtumbau West wieder als Zuschuss an uns zurückfließen. Für die Schule am Thie wird sich kein Träger finden, wenn diese in ihrem - zumindest vom Dach her gesehen - beklagenswertem Zustand verbleibt. Auch in den Kellerräumen, die regelmäßig genutzt werden, ist es feucht. Aber ich will optimistisch sein, dass die aktuellen Nutzer der Räumlichkeiten – die Pfadfinder, der Ortsheimatpfleger und die Kulturfreunde - sowie die sich weiter an einer phasenweisen Nutzung interessiert zeigenden Gruppen wie der Adventsmarkt und die Evangelische Kirchengemeinde in den kommenden Monaten zusammenfinden, um gemeinsam Verantwortung für das Objekt zu übernehmen.

Bovenden hat deshalb sowohl im Kernort als auch in allen Ortsteilen günstige Zahlen zur Bevölkerungsentwicklung auszuweisen, weil wir gerade für junge Familien mit Kindern besonders attraktiv sind. Für die Kitas lassen wir uns im Ergebnishaushalt das im Saldo 2,318 Millionen € kosten. Das Vorhaben, den Waldorf-Kindergarten aus den Räumen der Grundschule am Sonnenberg herauszuziehen, um dort die Raumsituation zu verbessern und im Übrigen zusätzliche Kapazitäten für Krippengruppen zu schaffen, beschreibt bei einem Volumen von investiv gut 2,25 Millionen Euro präzise die Herausforderungen, wobei der Neubau Kosten für die ansonsten unumgängliche Erweiterung der Grundschule am Sonnenberg erspart. Unsere örtlichen freien Träger wären nicht in der Lage, derartige Investitionen zu stemmen.

Wir springen hier auch deshalb gerne in die Bresche, weil wir auf die Vielfalt der freien Träger im Bereich der Kita- und Krippenversorgung stolz sind. Glücklicherweise hat hier ein Umdenken stattgefunden, als dass Krippen- und Kindergartengruppen nun vielerorts unter einem Dach vereint sind.

Mit rund 90 % Krippenversorgung für Kinder im Alter ab 12 Monaten sind wir in der Region Spitze und wollen dies auch bleiben. In diesem Bereich erwarten wir auch eine kurzfristige Entlastung unseres Finanzhaushaltes deshalb, weil die rot-grüne Landesregierung nun doch noch für eine Bezuschussung der Investition in Krippengruppen sorgen will. Unser Kämmerer, Herr Kiefer, für den ich an dieser Stelle für seine Geduld mit der Ratspolitik im Zusammenhang der zügigen Beantwortung von Rück- und Anfragen danke, konnte die Zuschüsse in der Größenordnung von 12.000,00 € je Krippenplatz noch nicht etatisieren. Bei einer Verabschiedung des Haushaltes zu Beginn des Jahres 2017 hätte das meiner Einschätzung nach schon anders ausgesehen.

Wenn das Land uns bei dieser Frage nicht im Regen stehen lässt, ist an dieser Stelle der Zeitpunkt gekommen, an den Landrat und die Kreispolitik zu appellieren:

Systematisch wäre es am ehesten gerechtfertigt, die Kreisumlage im nun fusionierten neuen Landkreis Göttingen zu senken, um eine gerechte Lastenteilung zwischen der Kreis- und der Gemeindeebene zu erreichen. Bitte bedenken Sie, dass etwa die Stadt Hann. Münden trotz einer hervorragenden Einnahmeentwicklung noch immer ein Defizit von 900.000,00 € im Ergebnishaushalt aufweist, daher die kommunalen Steuern steigen und die dort extrem unpopuläre Tourismusabgabe eingeführt wird. Aber dies Thema ist nicht der Kern meiner heutigen Überlegungen:

Wenn denn der Landrat und die Mehrheitsgruppe partout auf einer Kreisumlage von 50 Prozentpunkten bei den Schlüsselüberweisungen bestehen, ist wenigstens zu prüfen, ob die Städten und Gemeinden nicht wieder Investitionszuschüsse nach ihren Anteilen am Kreisumlageaufkommen abrufen können. Das LuniLaR war ein Abkürzungsmonster, es war allerdings vor zwei Jahren eine durchaus geeignete Krücke, um die Gemeinden wenigstens zum Teil mit Blick auf die darin gewährte Unterstützung bei Investitionen milder zu stimmen.

Ohnedies erwarten wir vom Landkreis Göttingen, dass er die IGS in Bovenden zukunftsfähig aufstellt und hier auch eine Oberstufe einrichtet. Die Zeiten, dass sich die Göttinger Gesamtschulen ihre Schüler aussuchen konnten, sind vorbei. Wir brauchen fairen Wettbewerb. Die Gesamtschule ist heute eine Regelschule. Gerade deshalb, weil sich unsere IGS in der Vergangenheit stets auch um schwächere Schülerinnen und Schüler vorbildlich bemüht hat, will ich hier an eine positive Entwicklung der IGS auch in der Oberstufe aufgrund der guten Erfahrungen der Vorjahre hoffen.

4.

Wir haben uns vor einigen Jahren entschlossen, die Gemeindewerke Bovenden zwar privatrechtlich zu organisieren, sie dennoch als kommunalen Betrieb weiter fortzuführen. Die damalige Entscheidung war richtig. Mit unseren Partnern von der Harz-Energie und den Stadtwerken Northeim stehen uns potente Partner aus der kommunalen Familie als Gesellschafter der Gemeindewerke zur Seite. Die zu verzeichnenden Überschüsse erreichen unverändert ein erfreuliches Niveau, sodass wir regelmäßig von Ausschüttungen in der Größenordnung von deutlich mehr als 300.000,00 € nach Steuern rechnen können. Ich erachtete es für angebracht, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Gemeindewerke einmal gesondert für ihre Arbeit zu danken.

Wie ich bereits in der konstituierenden Ratssitzung zum Ausdruck gebracht habe, müssen wir uns aber in den Zeiten des immer härteren Wettbewerbs auch zwischen kommunalen Anbietern auf neue Herausforderungen einstellen. Um hier die Ratspolitik frühzeitig zu sensibilisieren, wollen wir ab 2017 uns in nicht öffentlicher Sitzung im Finanzausschuss über die Geschäftsentwicklung und die Aufstellung der Gemeindewerke informieren.

Wenn ich schon bei den Gemeindewerken bin, so scheue ich auch nicht das Thema der zu erwartenden Bürgerbefragung über die Zukunft unserer Wasserversorgung im Flecken Bovenden. Hier haben die Gruppenpartner verschiedene Auffassungen, die wir bereits in den zurückliegenden Wochen und im vorhergehenden Kommunalwahlkampf verdeutlicht haben. Letztlich bin ich aus meiner persönlichen Warte optimistisch, dass wir im kommenden Kalenderjahr eine Bürgerbefragung durchführen. Die SPD-Fraktion hat hier bereits eine Etatisierung der entsprechenden Mittel im Finanzausschuss beantragt. Aus der neuerlichen Ablehnung darf nicht auf eine politische Ablehnung des Vorhabens geschlossen werden. Mit dem Thema werden wir uns in der Februar-Sitzung des Rates ausführlich auseinandersetzen. Dann kommt es zum Schwur.

5.

Nach allem beglückwünsche ich Rat und Verwaltung dazu, dass wir uns der Herkules-Aufgabe der Verabschiedung des Haushalts binnen Monatsfrist abermals erfolgreich gestellt haben. Das ist nicht immer einfach, zumal dann, wenn wir neue Mitglieder in unseren Fraktionen integrieren müssen, die einen Anspruch auf eine Beantwortung ihrer Fragen und Anregungen haben. Als Gruppe setzen wir auf eine Optimierung der Haushaltsberatung unter anderem dadurch, dass wir die Instrumentarien der Doppik auch für unseren mittelgroßen Gemeindehaushalt besser nutzen. Wir haben nun den Zeitpunkt erreicht, mit unseren Jahresabschlüssen und Bilanzen dem Leitbild des Gesetzes zu entsprechen.

Im Rahmen der jüngst eingerichteten Arbeitsgruppe gilt es zu besprechen, in welcher Detailtiefe wir uns mit Handlungsschwerpunkten, mittelfristigen Entwicklungszielen und dann insbesondere Kennzahlen bei der Steuerung unserer Verwaltung zukünftig befassen werden. Ich gebe ferner zu bedenken, ob wir mit Blick auf die Haushaltsverabschiedung an dem Termin des ersten Freitages im Dezember eines laufenden Kalenderjahres sklavisch festhalten. Schon eine Verschiebung der entsprechenden Ratssitzung um zwei Wochen auf Mitte Dezember mag hier für eine Entspannung sorgen. Auch das Land Niedersachsen verabschiedet zu diesem Zeitpunkt seinen Etat. Dass wir dann unter Umständen schon bei unseren Investitionen auch größere Einnahmepositionen bilden könnten, sei nur am Rande erwähnt.

Ich danke Ihnen, dass Sie mir zugehört haben. Ich setze auf weitere gute Zusammenarbeit im Rat insgesamt, besonders aber auch im Rahmen der erfolgreich in die Wahlperiode gestarteten Gruppe.

Bovenden, den 02.12.2016 gez. Harm Adam