Die Union im Plesseland

Haushaltsrede zum Etat 2016 des Gruppensprechers und CDU-Fraktionsvorsitzenden Harm Adam in der Sitzung des Gemeinderats Bovenden vom 04.12.2015

Harm Adam: Sprecher der Gruppe im Gemeinderat Bovenden (CDU, Bündnis´90/DIE GRÜNEN, FWG und FDP)
Harm Adam / Haushaltsdebatte 2015Harm Adam / Haushaltsdebatte 2015
- es gilt das gesprochene Wort - Sehr geehrter Herr Ratsvorsitzender Riemann, verehrter Herr Bürgermeister Brandes, liebe Amtsleitungen, geschätzte Ratskolleginnen und -kollegen, meine Damen und Herren,

Namens der CDU-Fraktion und namens der der Gruppe (CDU, Bündnis´90/DIE GRÜNEN, FWG und FDP) danke ich heute schon zum zehnten bzw. fünften Mal allen an den Haushaltsberatungen Beteiligten für konstruktive Debatten. Sehr geehrter Herr Kiefer, dies ist der erste von Ihnen als Kämmerer mit verantwortete Haushalt. Sie sind nicht allein, wenn Sie sich wünschen, uns über 2016 hinaus einen ausgeglichenen Ergebnishaushalt verabschieden und auf ein Haushaltssicherungskonzept verzichten lassen zu können.

Vor kurzem wurde ich im Rahmen eines politischen Hinter-grundgesprächs gefragt, warum sich die Bovender Kommunalpolitik nach außen hin so geschlossen darstelle. Wir sollten dies als Auszeichnung empfinden. Allerdings stelle ich fest, dass wir immer wieder höchst strittige Debatten führen. Am Ende geht es uns aber nahezu ausnahmslos um die Sache und weniger um ideologische Grabenkriege. Zudem sind wir uns der Stärken unserer Fleckengemeinde in unmittelbarer Nähe d.h. bevorzugter Verkehrslage zur Universitätsstadt Göttingen, einer in unseren Ortschaften durchweg guten Infrastruktur, funktionierenden "Dorfgemeinschaften" und anderen Stärken, auf die ich heute nur kurz eingehen kann, durchaus auch (selbst) bewusst.

Die finanzpolitischen Ausgangsdaten sind zufriedenstellend. Der Ergebnishaushalt spiegelt dies mit einem positiven Ergebnis von 265.200€ wieder, selbst wenn das der Auflösung einer Rücklage zu verdanken ist, statt derer wir ansonsten mit gut 500.000€ in den roten Zahlen abschlössen. Unverändert profitieren wir davon, dass sich die Steuereinnahmen stetig verbessert haben, was sich in verbesserten Werten bei unserem Einkommensteueranteil und Gewerbesteuer spiegelt, zudem das Land trotz unserer gestiegenen Finanzkraft zur Zahlung stabil hoher Schlüsselzuweisungen veranlasst. Kommunen mit zurückgehender Bevölkerung können ihre Einnahmen stabilisieren; wir gewinnen aufgrund regelmäßig stabiler und jüngst wieder steigender Bevölkerungszahlen doppelt.

Schmerzen muss ins die nach wie vor zu hohe Kreisumlage. Herr Kiefer hat in seiner Einbringungsrede darauf hingewiesen. Von den seit der Haushaltseinbringung nochmals ver-besserten Schlüsselzuweisungen fließen noch einmal 125000€ in den Kreishaushalt. Dies Geld benötigt der Landkreis, jeden-falls der alten Zuschnitts, zur Erfüllung der ihm übertragenen Aufgaben keinesfalls. Darüber will ich heute aber nicht ausufernd lamentieren, sondern nur betonen, dass im Fall des Fortbestandes unseres Landkreises, wofür wir als CDU plädiert haben, Spielräume für eine deutliche Senkung der Kreisumlage bestanden hätten. Wenigstens hätte ich wie unser Kämmerer ein neuerliches Investitionszuschussprogramm erwartet. Das wäre ein vernünftiges Zeichen finanzpolitischer Solidarität der kommunalen Ebenen gewesen. Es bekümmert mich schon, wenn wir unseren Schulen nur stabile Budgets zu-sagen und der zuständige Dezernent des Landkreises wie jüngst an der IGS Bovenden die "Versechsfachung" von Zuschüssen für Anschaffungen verkündet. Nun denn: hoffen wir, dass der neue Landkreis zuletzt mit uns vorenthal-tenen Geldern so angefüttert wurde, dass zumindest mittelfristig eine Umlageerhöhung ausbleibt. Denn der Nieder-sachsen treffende Sondereffekt der VW-Krise wird uns in den nächsten Jahren über den kommunalen Finanzausgleich noch sehr schmerzen.

Bovenden im guten Miteinander der Generationen - die tragenden Erwägungen unseres Leitbildes sind richtig. Die Kommunalpolitik arbeitet mit Augenmaß an dessen Fortentwicklung. Dabei müssen wir uns aber zurückhalten, wenn wir uns immer wieder mit neuen und auf Dauer angelegten Belas-tungen aussetzen sollen.

Unter anderem deshalb überprüfen wir jeden Projektförderungsantrag, selbst wenn eine Kofinanzierung winkt. Bei unserer Stellungnahme zur ursprünglich angefragten (Ko-) Finanzierung sonderpädagogischer Kräfte an unseren Grund-schulen war das Konsens. Leider war das dann bei der beantragten Mittelerhöhung für eine im Stundenumfang erhöhte Personalstelle im Familienzentrum der AWO nicht mehr der Fall. Dort wurde uns der dringende Finanzierungsbedarf nicht mit konkret gewachsenen Aufgaben belegt. Auch im Wahljahr ist die Gruppe damit unserer gemeinsamen Verantwortung zur finanzpolitischen Zurückhaltung nachgekommen. Ein weiteres Beispiel: im Komm-Projekt wird seit kurzem gute Arbeit vorrangig für unsere Senioren geleistet. Neuerlich wurde ein Zuschuss von 5.000€ bewilligt. Wir haben aber unseren Vorbehalt, dass die Höhe des Zuschusses einer Überprüfung des Sozialausschusses nochmals betont. Eine verstetigte Förderung mag später erwogen werden. Die SPD-Fraktion betreibt aber Augenwischerei, wenn sie suggeriert, der AWO bzw. dem Projekt könne durch anderweitige Beschlüsse Planungssicherheit verschafft werden. Planungssicherheit besteht bekanntlich erst dann, wenn die Zuschusshöhe über öffentlich rechtliche Zuwendungsverträge fixiert wurde. Im Rahmen des Leitbildprozesses wurde zur Förderung der Mobilität angeregt, die Anbindung unserer Dörfer an den Kern-ort Bovenden zu verbessern. Über ein verdichtetes Anrufsammel- und Anruflinientaxinetz versuchen wir dem mit Blick auf die ostwärts vom Kernort gelegenen Ortsteile zu entsprechen. Auch im Wahljahr betone ich, dass nicht jedes neue Projekt einen Anspruch auf eine verstetigte Förderung hat. Wir werden uns im Herbst kommenden Jahres die Fahrgastzahlen berichten lassen und entscheiden, wie weiter mit dem Angebot umzugehen ist. Grundsätzlich wäre es schön, könnte der Verkehrsverbund Südniedersachsen seinem Auftrag, die Mobilität der dörflichen Bevölkerung im ÖPNV sicherstellen, durch eine optimiertes Angebot entsprechen. Ein kurzer Schwenk zur AG Mobilität im Leitbildprozess: dort wurde mitnichten über einen Standort für einen Caravan-Stellplatz entschieden, er wurde als Beitrag zur Attraktivitätssteigerung gefordert. Das wollen auch wir, die Standortdebatte ist aber aufgrund der Intervention eines Gruppenpartners noch nicht abgeschlossen.

Einige Schwerpunkte sind zu benennen:

1. Herausragend ist unsere gute Versorgung mit Krippen- und Kita-Plätzen. Viele Familien mit kleinen Kindern entscheiden sich für eine Ansiedlung in Bovenden, weil wir uns um ein ausreichendes Angebot inklusive einer Ganztagsbetreuung erfolgreich bemühen. Jüngst haben wir eine Krippengruppe im Evangelischen Kindergarten eröffnet, in Harste wurden Umbauarbeiten finanziert. An diesem Kurs halten wir umsichtig fest. Aktuell erscheint keine Kita bedroht. Ob weiterer Ausbaubedarf besteht, müssen wir anhand des Rücklaufs der jüngst durchgeführten Elternbefragung in Bovendens Osten prüfen. Zukünftig sollten wir unser Augenmerk stärker danach ausrichten, wie wir die Nachfrage auch steuern können, damit wir an einer Stelle nicht einsparen, was dann an anderer Stelle, in einem benachbarten Ortsteil, teuer neu eingerichtet werden muss. Einen Beitrag zur Qualitätssteige-rung der Arbeit in unseren Kitas leisten wir etwa mit einer substantiellen Bezuschussung der Investition in neue Au-ßenanlagen des Evangelischen Kindergartens. Auf die Möglichkeit, Projektmittel für die pädagogische Arbeit in den Kitas abzurufen, müssen wir die Träger noch einmal hinwei-sen, andernfalls die Mittelausstattung zurückzuführen ist.

2. Unsere Grundschulen bedürfen in den kommenden Jahren unseres besonderen Augenmerks. Am Standort Reyershau-sen investieren wir schrittweise anderthalb Millionen Euro und fangen in 2016 mit Brandschutzmaßnahmen an. Unser politischer Wille ist eine dezentrale Beschulung an den Standorten Reyershausen, Eddigehausen, Bovenden, Lenglern und Harste über die nächste Wahlperiode hinaus. Dankbar bin ich für die Geschlossenheit unseres Rates mit Blick auf die Außenstelle in Harste. Dort sanieren wir jetzt die Fenster und setzen ein Zeichen gegen eine Konzentration der Beschulung in Bovendens Westen nur in Lenglern (mit Folgekosten von weiteren anderthalb Millionen Euro), zumal in den kommenden Jahren noch weitere millionenschwere Investitionen beispielsweise in der Grundschule am Sonnenberg, wo nun permanent dreizügig unterrichtet wird, an-stehen. Ein Fokus gebührt Eddigehausen, nicht etwa nur, weil wir die Sanierung der Turnhalle in 2016 realisieren wollen. Dort steht 2020 eine zweizügige Beschulung an. Isoliert betrachtet könnte dies vielleicht einfach gelöst werden. Aber die Aufsplittung des Horstes, der zur Zeit Räume an der Schule beansprucht und der bauliche Zustand der evangeli-schen Kita müssen uns veranlassen, kurzfristig ein Gesamt-konzept zu erstellen, welche Maßnahmen geboten sind, ohne dabei die Fortsetzung des Betriebes der einzelnen Ein-richtungen zu gefährden.

3. Mit der Dorferneuerung Billingshausen und dem Stadtumbau West in Bovenden, führen wir zwei Vorhaben weiter, deren Bedeutung gar nicht unterschätzt werden kann. Hier schaffen wir bleibende Werte und nutzen die Niedrigzins-phase, um nachfolgenden Generationen eine attraktive Inf-rastruktur zu hinterlassen. Als Bürger des Orteils Bovenden möchte ich die Bedeutung der Maßnahmen in Billingshausen für dessen Dorfgemeinschaften nicht zurücksetzen, aber aus eigenem Erleben kann ich nur loben, welche Effekte etwa die Neugestaltung des Thieplatzes in Bovenden hat. Damit meine ich die Adventsmarktinitiative, die ausschließlich eh-renamtlich organisiert wird und durch ihr Angebot einen Beitrag zur Integration unserer Neubürger leistet. Ein positiver Nebeneffekt: dort, wo der Städtebau die Infrastruktur verbes-sert, müssen wir mit einem Förderprogramm "Jung kauft Alt" nicht eingreifen, um Leerstände zu vermeiden. Wir werden beobachten, ob ein solches Programm mit Blick auf einzelne Ortsteile geboten ist. Adelebsen hat es nötig und setzt „Jung kauft Alt“ um, um seine seit Jahren zu beobachtenden Bevölkerungsverluste einzudämmen.

4. Ein weiteres kostenträchtiges Vorhaben im Ortsteil Boven-den ist die Ertüchtigung der Verwallung zum Hochwasserschutz im Abschnitt B. Lange wurde in der letzten Wahlperiode über die Planfeststellung diskutiert. Dann bekamen wir die Festsetzung durch und plötzlich wollte die zu-ständige Landesbehörde mit einer niedrigeren HQ 100-Linie operieren. Schon 2012 haben wir letztlich entschieden, dies nicht einzusehen und haben beschlossen, es beim jetzigen Höhenniveau der Verwallung zu belassen. Das kostet uns al-lein 129.000€ bei Eigenmitteln von insgesamt 183.000€! Mehr Vorsorge ist schlicht nicht finanzierbar. Den Zweiflern rufe ich zu: lassen Sie uns gemeinsam darauf vertrauen, das auch die neue Verwallung nie an die Grenzen ihrer Belastbarkeit kommt. Nichtstun wäre aber grob fahrlässig und wür-de im tatsächlichen Schadensfall Amtshaftungsansprüche bedingen.

5. Im investiven Bereich bauen wir im Flecken im Rekord-tempo eine Rekordverschuldung auf. Das macht Sorgen, kann aber vernünftiges Handeln in Ausnutzung historisch niedriger Zinsen - die Zinswende kommt - nicht vereiteln. Wir können aber nicht alles auf einmal und so wie gewünscht veranlassen? Dabei benenne ich die kostenträchtige Instandhaltung der Hauptstraße in Harste für 45.000€, die die angestrebte Komplettsanierung in weite Ferne rücken lässt. Dabei denke ich ferner an die nur gestuft umsetzbare Mo-dernisierung des Fuhrparks der Wehren. Dort ist aber besonderes ehrenamtliches Engagement im Sinne einer "Aufopferungsbereitschaft" gefordert. Deshalb gehen wir auch auf die Wünsche unserer Freiwilligen Feuerwehren bei der Fahrzeugausstattung im Rahmen unserer finanziellen Möglichkeiten ein.

Beim Stichwort "Prioritätensetzung" denke ich an die nun im Schulausschuss öffentlich dokumentierte Zurückhaltung, in die Schule am Thie in Bovenden zur Umsetzung eines aufwändigen Raumkonzeptes zu investieren. Selbst Zuschüsse für die Dach- und Fenstersanierung in Höhe von bis zu 60 Prozent nutzen wir nicht, um schon in 2016 tätig zu werden. Wenn ich an die alte Schule denke, komme ich aber auch so schon ins Schwärmen. Denn unsere Pfadfinder zeigen uns, wie erfolgreiche Jugendarbeit auf für die "Daddel-"Generation funktionieren kann. Zugleich belebt unser Ortsheimatpfleger Ulrich Klingelhöfer, der für uns ein Glücksgriff ist, zusammen mit den Kulturfreunden und deren immer wieder neu positiv aufregenden Ausstellungen unter Herrn Minzloffs Ägide das Erdgeschoss. Im Keller wird stetig musiziert. Beim Adventsmarkt hält das Kirchencafé Einzug. Das könnte noch einige Zeit so bleiben, wenn sich die bauliche Substanz nicht verschlechtert. Alle Beteiligten wissen, dass in und ge-genüber der Kommunalpolitik die Wunschkonzerte vergan-gener Zeiten vorbei sind. Wir müssen Maß halten.

6. Ein vorletzter Punkt: unsere Gemeindewerke können endlich Nutzen aus den neu erworbenen Gas- und Stromkonzessionen in unseren Ortsteilen ziehen. Leider bekommen unsere Bürger im Rahmen der Haushaltsberatungen nur noch mit, dass von den Gemeindewerken Überschüsse generiert werden, die unseren Haushalt stabilisieren helfen. Auch in der Zusammenarbeit mit der Harzenergie und den Stadtwerken Northeim erkennen wir, dass der Wettbewerb für kleine öffentliche Versorger immer härter wird. Daher möchte ich heute unseren Mitarbeitern in den Gemeinde-werken für Ihre gute Arbeit einmal herausgehoben danken. 600.000€ Gewinn vor Steuern trotz der Belastung mit unerwartet hohen Kosten der Netzübernahme sind ein stolzes Ergebnis. Wir profitieren zu 60 Prozent.

7. Schließen möchte ich mit Erich Kästner: "Es gibt nichts gutes, außer man tut es!" Darüber wollte ich heute sprechen, gerade auch, um Interesse an der Mitarbeit in der Kommunalpolitik zu wecken. Hier können wir noch immer unmittelbar Einfluss auf Debatten nehmen und Entscheidungen beeinflussen. Hier gibt es keine Ohnmacht gegenüber der Politik. Denn die Kommunalpolitiker Bovendens fühlen sich noch immer vorrangig und unmittelbar ihren Nachbarn gegenüber verantwortlich. Jedenfalls in der CDU sind neue Mitstreiterinnen und Mitstreiter, die als Mitglied oder auch über ein kommunales Mandat an den Diskussionen partizipieren wollen, immer willkommen.

8. Ich danke Herrn Brandes und seinem Team für die gute Arbeit unserer Verwaltung und Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit. Möge Bovenden - gefördert durch eine zuverlässige, sparsame und moderne Kommunalpolitik - weiter erblühen (so prosaisch formulierten Bovender Kommunalpolitiker in den 60er Jahren)!

Bovenden, den 4. Dezember 2015
gez. Harm Adam, Vorsitzender der CDU-Gemeinderatsfraktion